3.9.07 // Erklärung zum Hungerstreik im Abschiebeknast Büren!

Auf der Demonstration gegen den Abschiebeknast in Büren am 2.9.07 wurde eine Rede eines Häftlings der JVA aus dem Lautsprecherwagen verlesen. Er wendet sich gegen die unhaltbaren Zustände der Inhaftierung und Abschiebung. Zum Schluss heißt es: "Wir rufen für den heutigen Tag den lang erwarteten Hungerstreik der Gefangenen aus und rufen auf zum zivilen Ungehorsam mit dem Ziel der unmittelbaren Freilassung aller Opfer die in deutschen Abschiebegefängnissen einsitzen und welche nicht wegen krimineller Vergehen angeklagt sind." 60 Gefangene des Knastes begannen zeitgleich mit der Demo am 2. September einen Hungerstreik gegen die Zustände in der JVA und gegen ihre Inhaftierung und drohende Abschiebung. Wir rufen alle Menschen dazu auf, diese Forderungen zu unterstützen und solidarisch zu begleiten! Protestiert bei der Knastleitung, organisiert Proteste und Veranstaltungen, schafft Öffentlichkeit, seid kreativ! Offene Rede eines Häftlings der JVA Meine Damen und Herren, Genossen im gemeinsamen Kampf. Wir Gefangenen hier in Büren begrüssen Eure unablässlichen Bemühungen im Kampf gegen die fundamentalen Verletzungen der Menschenrechte und der Freiheit. Uns bestärkt die Tatsache, dass es noch Menschen guten Glaubens und humanitäre Organisationen in Deutschand gibt, die sich für Opfer einsetzen, deren Rechte verletzt werden. Unsere Gefühle sind gemischt in dem Sinne, dass die Umstände unserer Inhaftierung nicht einem Europa des 21. Jahrhunderts entsprechen sollten. Wir begrüssen die Anstrengungen der Menschen guten Glaubens, der Vertreter der Menschenrechte, der humanitären Organisationen, der Presse und der Medien, die Bemühungen von Jung und Alt, die sich aus aller Welt aufgemacht haben, um ihrem Leiden angesichts der groben Verletzungen der menschlichen Würde Ausdruck zu verleihen. Wir wissen, dass dies kein einfacher Kampf werden wird, aber solange wir nicht nachgeben, werden wir ihn gewinnen. In der Geschichte der Menschheit verhallte der Aufschrei der Massen niemals ungehört. Politiker haben und werden den Regeln der Demokratie Folge leisten: die Macht liegt beim Volk, die Kraft bei den Massen. Die Anerkennung der Notwendigkeit und Bedeutung der Menschenwürde stellt eine grosse Dringlichkeit für die Politiker des 21sten Jahrhunderts dar, die ihre Pflichten ohne Diskriminierung und Vorurteile erfüllen müssen. Wir rufen dazu auf, die fundamentalen Menschenrechte unabhängig von Hautfarbe, Glaubensrichtung oder politischer Überzeugung zu respektieren. Politische Interessen dürfen in keinem Falle die fundamentalen Menschenrechte aufs Spiel setzen. Wir Gefangenen der Umstände, Opfer von Gewalt, Krieg, Epidemien und Katastrophen kommen aus den unterschiedlichsten Ecken des Globus, wir werden mit Vorurteile behandelt und im Bürener Abschiebeknast und in anderen Lagern der Menschenrechtsverletzungen in Gefangenschaft gehalten. Wir sind den rassistischen Gesetzen, die in Deutschland gegen uns angewandt werden, schutzlos ausgeliefert. Und doch gibt es gute Menschen wie Euch, die sich für uns einsetzen. Wir danken Euch dafür! Das Gefängnis in Büren ist eine wirtschaftliche Mehrzweck-Institution. Die Idee hinter diesem Knast ist kriminell. Der Knast ist eine kleiner industrieller Komplex, in dem Gefangene arbeiten und Profite für private Geldbeutel erwirtschaften. Gefangene arbeiten für weniger als 50 Cents Stundlohn für die Firma Löer and Schäfer, die wiederum 20 Euro pro Stunde für die von den Gefangenen geleisteten Dienstleistungen an die Gefängnisverwaltung bezahlen. Es gibt einen Laden im Gefängnis, dessen Preise im Vergleich zu den normalen Supermärkten doppelt so hoch sind. Eine Flasche Wasser kostet 85 Cents. Ich habe eine Einkaufsliste des "Einkaufs-Shop Mewes JVA Büren" zusammengestellt, ihr könnt die Preise selbst vergleichen. Zudem werden den Gefangenen alarmierend hohe Summen für ihren Aufenthalt im Knast in Rechnung gestellt. Einige Rechnungen belaufen sich auf bis zu 14.000 Euro. Ein deutscher Beamter wird Schwierigkeiten haben, diese Summe in seinem Leben zu sparen. Wie soll ein Gefangener diese Summe aufbringen, der nur 50 Cents die Stunde verdient oder gar kein Einkommen hat? Ein Opfer der Umstände für drei Monate bis zu 18 Monaten zu inhaftieren, ist eine rassistische Tat. Das Oper wird dabei zerstört, nicht körperlich aber psychisch und spirituell. Das Gefängnis in Büren ist eine Sekte! Unter uns gibt es Fälle, in denen Leute seit 12 Monaten auf ihre Abschiebung warten, einige von ihnen sind krank und leiden an mentalen Problemen. Die Ernährung im Knast ist schlecht, Brot stellt den Hauptanteil der täglichen Versorgung dar, viele Gefangenen haben Verdauungs- oder andere gesundheitliche Probleme, die sich auf die Ernährung zurückführen lassen. Wenn ein Gefangener es wagt, sich zu beschweren, bekommt er die Antwort: "Bekommst Du besseres Essen in deinem Heimatland?" Gefangene haben Angst vor der medizinischen Abteilung des Knasts, es gibt Gerüchte über schlechte Behandlung. Die Zellentüren sind meistens verschlossen, für Sport und Sonnenlicht werden sie nur für drei Stunden täglich geöffnet. Dies ist weniger als das empfohlene Minimum. Gefangene wird schlechte Kleidung zugewiesen, was sie als Karrikaturen oder Komödianten hinstellt, über die sich die Gefängnisleitung amüsieren kann. Gefangene sind gezwungen, Dokumente zu unterschreiben, deren Inhalt und Auswirkungen sie nicht verstehen. Wenn man Widerstand gegen diese Massnahmen leistet, findet man sich im "Keller" wieder. Es gibt ein Gericht auf dem Gelände des Knasts, die Urteile stehen schon vor der Anhörung der Verurteilen fest. Gegenüber diesen 'juristischen Monstern' hat der Angeklagte nichts zu sagen, sie lachen nur über die Verzweiflung des Opfers, wenn es eine dreimonatige Verlängerung der Inhaftierung erhält. Niemand kennt den genauen Termin seiner Entlassung oder Abschiebung. Die Entscheidung und Durchführung passiert immer sehr plötzlich, was zur Verwirrung und Verzweiflung des Opfers beiträgt, welches hilflos einer ungewissen Zukunft gegenübersteht. Darüber hinaus passiert es, dass Opfer in Länder abgeschoben, die nicht ihre Heimatländer sind. Meine Damen und Herren, das Leiden im Gefängnis in Büren ist gross und jeder Aspekt ist geprägt durch Missbrauch, Unrechtmässigkeit und ist ein Verstoss gegen das internationale Recht. Liebe genossen im Kampf, wir wollen, dass unsere Stimme gehört wird. Deutschland hat die internationale Übereinkunft zum Schutz der Menschenrechte mit unterzeichnet und zugleich verstösst es gegen diese Übereinkunft. Für die deutschen Flüchtlinge nach dem Zweiten Weltkrieg hat diese Übereinkunft eine sichere Flucht garantiert. Der Fall der Mauer 1989 markierte das Ende des Kalten Kriegs, was zu einer grösseren politischen Stabilität in West-Europa führte. In Afrika, Asien und Lateinamerika stellen Krieg, politische Instabilität, Gewalt und Katastrophen weiterhin grosse Probleme dar. Der 1994 errichtete Knast in Büren soll das Privileg der Nachkriegssicherheit, welches die Deutschen genossen haben, anderen Weltflüchtlingen verwehren. Genossen, der 2. September 2007 schlägt eine weitere historische Seite im Kampfe für die Befreiung der Menschheit auf. Unser Kampf für Gleichheit und Freiheit ist real und bleibt ein Hauptanliegen in der ganzen Welt. Unser Kampf gegen illegale Inhaftierungen und Abschiebungen ist gerechtfertigt und solange er nicht die absoluten Befreiung der Menschheit von Diskriminierung und Vorurteilen herbeiführt, werden unsere Anstrengungen bedeutungslos bleiben. Wir erklären den heutigen Tag zum Tag unserer Befreiung und zum Tag der absoluten Befreiung der Menschheit. Wir rufen zur Schliessung aller Abschiebeknäste und unmenschlicher Gefängnisse auf, in Deutschland und dem Rest der Welt. Wir stellen uns gegen die rassistischen Gesetze, die gegen MigrantInnen und AsylbewerberInnen angewandt werden. Wir fordern die absolute Respektierung der Menschenrechte und die Verpflichtung der deutschen Regierung, diese Rechte auf ihrem Territorium zu schützen, ohne jedwede Diskriminierung oder Vorurteile. Falls diese Forderungen nicht erfüllt werden sollten, erklären wir uns zu Märtyrern der Freiheit. Wir rufen für den heutigen Tag den lang erwarteten Hungerstreik der Gefangenen aus und rufen auf zum zivilen Ungehorsam mit dem Ziel der unmittelbaren Freilassung aller Opfer die in deutschen Abschiebegefängnissen einsitzen und welche nicht wegen krimineller Vergehen angeklagt sind. Liebe Genossen, wir wünschen Euch einen guten Heimweg zurück zu Euren Herunftsorten, wo Ihr über unsere Situation berichtet und diese kritisiert. Wir zahlen einen Preis für die Freiheit Lang lebe die Freiheit Lang lebe AACDID 20. August 2007 Noel Asanga Fon