PE v. 14.08.2019: Abschiebung ist Mord!
Ein Slogan, der nicht zum ersten Mal real geworden ist. Am 20.07.2019 wurde Gani Rama in Pristina ermordet, nachdem er im Mai 2017 von Göttingen aus in den Kosovo abgeschoben worden war. Mitten am Tag wurde er so brutal verprügelt, daß er in der Notaufnahme seinen Verletzungen erlag. Die staatlichen Behörden in Deutschland und die Stadt Göttingen trifft eine Mitschuld an Ganis Tod.
Als Gani Rama 2017 abgeschoben wurde, war er psychisch krank. Er war mehrmals in stationärer Behandlung: posttraumatische Belastungsstörung, latente Suizidalität und schwere depressive Episoden mit psychotischem Erleben und impulsiven Durchbrüchen – das waren die Diagnosen. Immer wieder fühlte er sich verfolgt und hörte die Stimmen der Verfolger*innen.
Gani war während des sog. Kosovo-Krieges aus dem Kosovo geflohen, nachdem er dort gefoltert und verfolgt worden war. Davon hat er auch äußerlich Narben am Kopf behalten. Er hat mehrfach Hilfe bei der örtlichen Polizei gesucht, aber wurde dort nur verspottet und mit Gewalt bedroht. Er und seine Familie wurden mehrfach auf offener Straße attackiert, mit Steinen beworfen und geschlagen.
Schon 2010 wurde Gani das erste Mal in den Kosovo abgeschoben. 2010 und 2012 hat ihn das Roma Center Göttingen in Pristina besucht. Er erzählte ihnen von erneuten Übergriffen und Drohungen, wieder weigerte sich die Polizei ihm zu helfen. „Eines Tages werden sie mich umbringen“, hat er immer wieder gesagt.
Nachdem Gani im Mai 2017 erneut in den Kosovo abgeschoben worden ist, hatte er keine medizinische Behandlung mehr. Er hatte kein Obdach und musste auf der Straße, unter Brücken schlafen. Er sammelte Plastikflaschen, um sich wenigstens etwas Brot kaufen zu können.
Manchmal schickte ihm seine Familie, die in Göttingen lebt, Geld. Ein früherer Nachbar gab ihm manchmal etwas zu essen.
Gani war gerade in Pristina, als er auf einer Treppe angegriffen wurde und dermaßen zusammengeschlagen wurde, dass er an den Verletzungen starb. Unser Beileid gilt seiner Familie hier in Göttingen.
Der Täter wurde inzwischen gefasst. Es handelt sich um einen Mann, der offensichtlich Anhänger der UCK ist, einer paramilitärischen Organisation von Kosovo-Albaner*innen, die sich der Mißhandlung, Tötung und Vertreibung der Roma*nja im Kosovo mitschuldig gemacht haben. Im Internet gibt es Fotos von ihm, die auf seinen Schultern den albanischen Adler zeigen, ein Zeichen für einen stark ausgeprägten Nationalismus. Über die weiteren Hintergründe der Tat ist nichts bekannt. Es bleibt nun abzuwarten, ob der Täter verurteilt wird.
Die Bundesregierung hat den Kosovo zu einem sicheren Herkunftsland ernannt, auch wenn nur allzu bekannt ist, dass der Kosovo für Roma und Romnja alles andere als sicher ist. Immer wieder kommt es zu Übergriffen und Gewalthandlungen gegen Roma*nja. Auch das Roma Center Göttingen kennt die Situation im Kosovo und fordert seit langem ein Bleiberecht für Roma*nja in Deutschland.
Aber all das wird von der deutschen Regierung ignoriert. Auch der Stadt Göttingen ist das egal. Sie setzt dem nichts entgegen und beteiligt sich lieber an diesen Abschiebungen, als etwas dagegen zu tun. Sie könnte zum Beispiel einen Aufenthalt aufgrund der Erkrankung erteilen. Statt dessen gibt sie der Polizei den Wohnungsschlüssel, damit diese nachts in die Wohnung eindringen kann, um Gani Rama aus dem Bett zu holen und abzuschieben. Inzwischen haben mehrere Gerichte geurteilt, dass dieses Vorgehen rechtswidrig ist.
Der AK Asyl Göttingen und andere hatten 2017 die Abschiebung verurteilt und gefordert, Gani Rama wieder nach Deutschland zu holen. Natürlich ist nichts passiert. Die Stadt Göttingen macht weiter wie gehabt. Ein Beispiel ist die Abschiebung von Samir C. im Dezember 2018 (siehe auch http://www.papiere-fuer-alle.org/node/1006).
Und wieder sind Roma*nja aus Göttingen, die seit vielen Jahren hier leben, von der Abschiebung in den Kosovo bedroht. Wir fordern die Stadt Göttingen auf die Abschiebungen zu stoppen und den betroffenen Menschen eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.
Abschiebung ist staatlich organisiertes Verbrechen!
Papiere für alle!