Presseerklärung: Verwaltungsgericht Göttingen stoppt Abschiebung eines 24 jährigen Nörtner
Am Dienstag den 27.Januar wollte die Ausländerbehörde des Landkreises Northeim Hassan G. in die Türkei abschieben. Das Verwaltungsgericht Göttingen untersagt dieses kurz vorher.
Hassan ist 24 Jahre alt. Er wurde im Landkreis Northeim geboren und lebt sei 4 Jahren in Nörten-Hardenberg. Geht es nach dem Willen der Ausländerbehörde Northeim, soll Hassan am Dienstag in die Türkei abgeschoben werden.
2004 beantragte Hassan G die Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis. Die Ausländerbehörde entschied aber nicht über seinen Antrag, sondern stellte ihm seitdem nur eine sogenannte Fiktionsbescheinigung,aus. Nach zehn Jahren Warten wurde der Antrag nun von der Ausländerbehörde abgelehnt, da Hassan in Deutschland „nicht integriert“ sei.
Hier stellt sich die Frage, was denn die Ausländerbehörde Northeim unter Integration versteht? Hassan wurde hier geboren, ging hier zur Schule, spricht perfekt die deutsche Sprache und arbeitet seit 7 1/2 Jahren. Er bekommt keinerlei staatliche Unterstützung. Er hat hier seine Familie und Freunde. Seine Eltern haben einen Aufenthaltsstatus und seine Geschwister die deutsche Staatsangehörigkeit.
Was also heißt hier „nicht integriert“?
Hassan soll vielmehr dafür büßen, dass seinen Eltern unterstellt wurde, sie seien unter einer falschen Identität nach Deutschland eingereist.
Seine Eltern kamen 1989 aus dem Libanon nach Deutschland. Sie gehörten dem arabisch-kurdischen Stamm der Mahalmi an, eine ethnische Minderheit, die ursprünglich in Ostanatolien siedelte und um 1920 in den Libanon auswanderte, um der Zwangstürkisierung durch Mustafa Kemal Atatürk zu entgehen.
Wie in vielen anderen Fällen auch wurde die Familie 2004 durch die deutschen Behörden zwangstürkisiert, da die Behörden ihnen ihre Identität nicht glaubten. Daher hat Hassan die türkische Staatsbürgerschaft, selber in der Türkei ist er aber noch nie gewesen, die Sprache kennt er auch nicht.
Gegen die geplante Abschiebung wurde Klage beim Verwaltungsgericht Göttingen eingereicht. Das Verfahren läuft noch und es gab noch keine Anhörung zu dem Fall.
Der Landkreis Northeim hingegen will Fakten schaffen, indem er Hassan am Dienstag in die Türkei abschieben will und ihm somit die Chance auf ein ordentliches Verfahren faktisch verwehrt. Nach 10 Jahren des Nichtentscheidens, hat es der Landkreis jetzt anscheinend sehr eilig Hassan loszuwerden. Scheinbar wird befürchtet, dass die Prüfung des Gerichts ein rechtswidriges Verhalten der Ausländerbehörde ergeben würde.
Ein Eilantrag auf aufschiebende Wirkung der Klage wurde bei Gericht eingereicht und das Gericht entschied am Montag, dass die Abschiebung bis zum Hauptsacheverfahren ausgesetzt wird.
Hassan hofft nun, dass die Ausländerbehörde des Landkreis Northeim ihm schnellst möglich eine neue Duldung ausstellt, damit er wieder beginnen kann zu arbeiten und seinen Job nicht verliert.
Hier handelt sich bei den geplanten Abschiebungen um nichts anderes als um eine im großen Stil betriebene Menschenrechtsverletzung.
Wir den Landkreis auf die Pläne für eine Abschiebung aufzugeben und Hassan endlich die ihm schon längst zustehende Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.
Die Geschichte der Massenabschiebungen von staatenlosen LibanesInnen ist schon länger bekannt. Nicht nur in Northeim, sondern in vielen anderen Städten wird seit 2001 versucht, über 3000 Menschen, die seit vielen Jahren hier leben, als „Scheinlibanesen“ zu diffamieren. Sie wurden zwangstürkisiert, damit sie in die Türkei abgeschoben werden konnten.
Wohl bekanntestes Beispiel ist Gazale Salame aus Hildesheim, die 2005 hochschwanger mit ihrer kleinsten Tochter (1 Jahr alt) in die Türkei abgeschoben wurde. Erst 8 Jahre später, im März 2013, durfte sie zu ihrem Mann und den anderen beiden Kindern nach Deutschland zurückkehren.
Das muss endlich ein Ende haben!
weitere Informationen zu früheren Kampagnen gegen die Abschiebung von staatenlosen LibanesInnen unter: http://papiere-fuer-alle.org/taxonomy/term/51