Demonstration in Witzenhausen setzt Auftakt für Ausweitung des Flüchtlingsstreiks im Werra-Meißner-Kreis
Pressemitteilung 8. August 2013 Demonstration in Witzenhausen setzt Auftakt für Ausweitung des Flüchtlingsstreiks im Werra-Meißner-Kreis * Demonstration im Rahmen des Flüchtlingsstreik im Werra-Meißner-Kreis ein voller Erfolg * Geflüchtete führen den Demonstrationszug an und vermitteln ausdrucksstark ihre Forderungen * Behördliche Vertreter verbarrikadieren sich im Kreishaus * Gefordert werden weiterhin die monatliche Überweisung statt Schecks und die Beendigung jedweder Anwesenheitskontrollen statt deren Verschärfung Am heutigen Donnerstag dem 8. August demonstrierten gut 100 Personen im Rahmen des Flüchtlingsstreiks im Werra-Meißner-Kreis unter dem Motto "Schluss mit den rassistischen Sondergesetzen und Hetze gegen geflüchtete Menschen!". Die Demonstration kann als voller Erfolg gewertet werden. Mit Unterstützer*Innen auch aus Kassel und Göttingen verlief die kraftvolle Demonstration vom Kreishaus bis zum Marktplatz in Witzenhausen. Geführt wurde sie in der ersten Reihe von zahlreichen Geflüchteten. Mit Kopfbändern die die Aufschrift "Freedom" trugen und Handschildern machten sie ihre Forderungen deutlich. Die Aufbruchstimmung unter allen Beteiligten und die freudige Verbindung zwischen den Betroffenen und ihren Unterstützer*Innen war deutlich spürbar. Mit Flugblättern wurde allen interessierten Passanten und Anwohner das Anliegen der Demonstration ausführlich vermittelt. In einem Redebeitrag aus den Reihen der Geflüchteten wurde das weitreichende Anliegen der Protestierenden deutlich: "Obgleich wir alle wissen dass wir nur eure ungewollten Gäste sind gibt es Menschenrechte die gewahrt bleiben müssen. Ich weiß nicht wirklich was ihr über uns denkt, ich weiß nicht was ihr fühlt wenn ihr uns seht oder etwas von uns hört; aber eine Sache ist für uns glasklar: Eure Regierung, eure Politiker und eure Verwaltung glaubt wir wären Kriminelle die wie Gefangene behandelt werden müssen. Sie glaube das wir Bewegungsfreiheit nicht verdient haben. Sie glauben das wir kein normales Leben führen brauchen. Sie glauben das wir fern gehalten werden müssen von ihren Bürgern und BürgerInnen. Sie ignorieren uns und sie kümmern sich nicht um unsere Gefühle und Bitten. Es ist ein Desaster: Hier sprechen wir von unseren Leben in denen es keine Hoffnung gibt, keine Zukunft und erst recht keine Perspektive. Hier, jetzt in diesem Moment und an dieser Stelle möchte ich euch allen folgendes sagen: Vielleicht mussten wir unsere Länder verlassen um unser Leben zu retten. Aber wir haben nie unsere Würde und unseren Stolz verloren. Und wir wollen nicht um jeden Preis überleben. Jeden Tag verurteilt ihr unsere Regierungen auf Grund von Menschenrechts-Verletzungen. Aber hier behandelt ihr uns genauso oder gar schlechter. Hätte man mich im Iran erwischt hätten sie mich sofort getötet. Hier tötet ihr mich jeden Tag." Zu Beginn der Veranstaltung, während einer vorgeschalteten Mahnwache, mussten einige betroffene Geflüchtete einen Restbetrag ihrer monatlichen Bezüge in Form eines Schecks im Kreishaus abholen. Weil sie ihre Unterschriften zur Anwesenheitskontrolle verweigerten, sollten sie nur noch wöchentlich ausgezahlt werden. Diese Schikane der Behörden erklärte das Sozialgericht nach einem Eilantrag für unrechtmäßig. Damit mussten heute die vollen Bezüge ausgezahlt werden (siehe dazu frühere PMs der Anwaltskanzlei Adam und dem Arbeitskreis Asyl Werra-Meißner / Witzenhausen / AK Asyl). Das Kreishaus wurde auf Grund der Demonstration und der Abholung geradezu verbarrikadiert. Angestellte einer privaten Security-Agentur standen neben Polizist*Innen am abgeschlossenen, hüfthohen Zauntor des Kreihauses. Jeweils nur ein Geflüchteter wurde mit einem Beistand und einer Unterstützer*In in das Kreishaus geleitet. Im Kreishaus selbst öffnete sich dann ein Luke im Plexiglas durch die dann Scheck und Empfangsbestätigung gereicht wurden. Die Mitarbeiter der Behörde schienen sichtlich nervös, vergaßen die Namen der Geflüchteten und gaben keine rechtliche Belehrung über das zukünftige Verfahren. Der Pressesprecher Jörg Klinge des Werra-Meißner-Kreises ließ am Rande der Demonstration gegenüber dem Hessischen Rundfunk verlauten es gebe in Zukunft keine Anwesenheitskontrollen mehr. Dass es sich dabei um eine bewusste Falschaussage handelt, beweisen Berichte der Geflüchteten aus dem Wohnheim in Witzenhausen. Hier tauchte am heutigen Donnerstagmorgen, noch vor der Demonstration, Birgit Krüger vom Sozialamt auf und kündigte verschärfte Kontrollen an. So wurde die Anwesenheit aller dort Wohnenden durch Verlangen des Passes und das Abhaken auf einer Liste kontrolliert. Dies werde jetzt die Unterschrift ersetzen wurde den Geflüchteten gedroht. Sven Adam, Anwalt aus Göttingen dazu: "Auch für derartige Anwesenheitskontrollen in den Heimen findet sich keine Rechtsgrundlage im Asylbewerberleistungsgesetz. Auch die Residenzpflicht im Aufenthaltsgesetz sieht derartige Kontrollen nicht vor. Insofern geht die Auseinandersetzung (auch vor Gericht) in dieser Sache weiter, wenn die Geflüchteten das wollen." Wie der Kreis ebenfalls verlautbarte, soll die Auszahlung der Leistungen in Scheckform bei persönlicher Abholung die bisherige Regelung ersetzen. Diese Maßnahmen lehnen wir als unzureichend ab. Wir verlangen eine Aussage zur rechtlichen Grundlage auf der sich der Kreis zu bewegen meint. Diese ist uns bisher vollkommen unklar. Der AK Asyl streitet also weiter auf allen Ebenen für eine monatliche Überweisung der vollen Leistungen, für eine Beendigung jedweder Anwesenheitskontrollen und die Abschaffung rassistischer Sondergesetze. ------------------------ Jenseits der Demonstration wurden Mitglieder des AK Asyls am Dienstagabend zufällig Zeugen einer brutalen Abschiebung am Wohnheim in Witzenhausen. Unter Anwendung von Pfefferspray und Handfesseln wurde der Betroffene ins Auto gezerrt und abtransportiert. Dies verdeutlichte auf erschütternde Weise die Notwendigkeit sich im AK Asyl auch gegen Abschiebungen weitreichender zu organisieren. Mögliche Maßnahmen werden bei den nächsten Treffen diskutiert. Arbeitskreis Asyl Werra-Meißner / Witzenhausen Kontakt: akasylwitz@riseup.net 01602751664
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PM Flüchtlingsstreik WIZ 8. August.pdf | 55.07 KB |