13.4.06// FlüRat Berlin// Abschiebeversuch in den Kosovo erneut gescheitert // Ausländerbehörde inhaftiert weiter Betroffene
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Presseerklärung
Abschiebeversuch in den Kosovo erneut gescheitert
Ausländerbehörde inhaftiert weiter Betroffene
Nachdem am 16. März 2006 Versuche der Berliner Ausländerbehörde
Flüchtlinge in den Kosovo abzuschieben gescheitert waren, sollten die
Betroffenen erneut am heutigen Tag über Düsseldorf nach Pristina
abgeschoben werden.
Nach dem derzeitigen Erkenntnisstand werden der Vater und älteste Sohn
der Familie S. nach Pristina abgeschoben. Die UNMIK verweigerte am
16.03.2006 die Aufnahme der Familie, weil die Berliner Ausländerbehörde
ein Gutachten zu einer vorliegenden Traumatisierung für Frau S. nicht
übersandt hatte. Dies entspricht auch der aktuellen Auskunftslage des
Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, wonach traumatisierte
Flüchtlinge im Kosovo nicht adäquat behandelt werden können.
Fadil S. und Driton S. werden durch die heutige Abschiebung von ihrer
Familie (Mutter mit fünf minderjährigen Kindern) getrennt.
Als besonders skandalös ist aus Sicht des Flüchtlingsrates die Weigerung
des In-nensenators zu bewerten, die noch ausstehende Entscheidung über
einen von der Familie gestellten Antrag durch die Härtefallkommission zu
beachten. Damit verstößt Körting gegen die in Berlin geltende
Rechtsverordnung zur Umsetzung der Härtefallregelung in Berlin. Die dort
genannten Ausschlussgründe, die eine Nichtbehandlung rechtfertigten
könnten, treffen zweifelsfrei nicht auf Familie S. zu. Durch das
Vorgehen des Senators können humanitäre Gründe, wie der über 12 jährige
Aufenthalts der Familie in Berlin und die Integration ihrer hier
geborenen bzw. aufgewachsenen Kinder nicht geprüft werden.
Lutfije I. sollte heute wie bereits beim ersten Abschiebungsversuch von
ihrer Familie, getrennt werden. Nach Auskunft des Behandlungszentrums
für Folteropfer sind die Mutter und der jüngere Bruder auf ihre
Unterstützung angewiesen. Nachdem zunächst das Verwaltungsgericht Berlin
die Abschiebung ausgesetzt hatte, wurde dies gestern durch das
Oberverwaltungsgericht bestätigt. Die 22jährige junge Frau wurde zwar
nicht abgeschoben, aber aus unverständlichen Gründen erneut in
Abschiebehaft genommen.
Als besonders menschenverachtend ist das Vorgehen der Ausländerbehörde
gegenüber dem älteren Ehepaar R. (Angehörige der Minderheit der Ashkali)
zu bewerten. Der Ausländerbehörde als auch der Innenverwaltung dürfte
der angeschlagene Gesundheitszustand von Herrn R. (58) und Frau R. (64)
bekannt gewesen sein. Bei einer ersten Inhaftierung Ende Januar 2006
musste Herr R. wegen Verdachts auf Herzinfarkt in ein Krankenhaus
eingeliefert und aus der Abschiebehaft entlassen werden. Frau R. musste
sich Ende März 2006 eine Woche in stationäre Behandlung begeben. Dessen
ungeachtet sollten beide heute abgeschoben werden. Die Abschiebung in
den Kosovo scheiterte, weil im Polizeigewahrsam der Amtsarzt wegen nicht
vorhandener Reisefähigkeit die sofortige Entlassung angeordnet hatte.
Bei der heutigen Vorsprache auf der Ausländerbehörde wurden auch das
Ehepaar R. trotz der gescheiterten Abschiebung aus unverständlichen
Gründen erneut inhaftiert.
Die Ausländerbehörde nahm nicht nur billigend eine erneute
Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Ehepaares R. in Kauf, sie
forciert weiter die Abschiebung und buchte einen neuen Flug bereits am
25.04.2006 ab Karlsruhe nach Pristina. Der Flüchtlingsrat hat die
Senatsverwaltung für Inneres um eine Stellungnahme gebeten. Die
Ausländerbehörde und die Senatsverwaltung tragen die volle Verantwortung
im Fall einer weiteren Verschlechterung des Gesundheitszustands des
Ehepaars R.
Das rigide Handeln der Ausländerbehörde, das Übergehung der
Härtefallkommission, die Missachtung der Menschenwürde der Betroffenen
und die Ignoranz gegenüber vorgetragenen humanitären Gründen ist als
zunehmende Härte der Innenverwaltung in der Flüchtlingspolitik zu
betrachten.
Diese Politik konterkariert die Bemühungen des Berliner Innensenators um
eine Bleiberechtsregelung für Flüchtlinge mit langjährigem Aufenthalt,
für die er wieder auf der nächsten Innenministerkonferenz Anfang Mai
initiativ werden will.
Der Flüchtlingsrat fordert die Innenverwaltung auf, die umgehende
Entlassung der betroffenen Flüchtlinge aus dem Abschiebungsgewahrsam zu
veranlassen.
Diese sollten nicht wie Stückgut hin und her geschoben werden.
Eine ernsthaft humanitäre Flüchtlingspolitik sollte nicht von der
Polemik eines he-raufziehenden Wahlkampfes beeinträchtigt werden.
Flüchtlingsrat Berlin
Berlin, 13.04.2006