11.4.06// Kirchenasyl in Düsseldorf :: "Sankt Lambertus gewährt Hilfe und Schutz"
Westdeutsche Zeitung
DÜSSELDORF
Der Streit um die Abschiebung einer Familie nach Serbien spitzt sich zu.
Nun hat sich die katholische Kirche eingeschaltet und bietet den
Menschen Asyl.
*Düsseldorf.* "Das ist menschlich nicht in Ordnung. Die Abschiebung ist
moralisch nicht gerechtfertigt und auch noch vollkommen sinnlos." Der
Düsseldorfer Stadtdechant Rolf Steinhäuser bezieht eindeutig Stellung
und stellt sich auf die Seite der Roma-Familie Idic. Seit Sonntag
genießen die Mutter und ihre vier Kinder Asyl in der Kirchengemeinde
Sankt Lambertus. Die katholische Kirche hält schützend ihre Hand über
die Familie und will damit verhindern, dass die Mutter mit ihren Kindern
nach Serbien abgeschoben wird.
Die WZ hatte bereits mehrfach darüber berichtet, dass die kommunale
Ausländerbehörde der Stadt Düsseldorf junge Menschen abschieben möchte,
die in Deutschland geboren sind und keinen Ton serbisch sprechen. Als
Steinhäuser dem Kirchenvorstand von der Not der Familie berichtete, war
es für die Katholiken keine Frage, wie sie sich zu verhalten hatten:
"Einstimmig hat der Vorstand beschlossen, Kirchenasyl zu gewähren." Dazu
wird wohl auch die DVD eines Journalisten beigetragen haben, auf der
Bilder zeigen, unter welchen Verhältnissen der bereits abgeschobene
Vater in Serbien lebt.
"Das alte Haus war 17 Jahre nicht bewohnt, als Dach gibt es nur eine
Plastikplane, es gibt keinen Strom, das Haus ist nicht beheizt",
schildert Steinhäuser die Situation und dann fügt er an: "Dort können
doch keine Kinder leben."
Sie werden es müssen, wenn die Abschiebung durchgesetzt wird. Damit dies
nicht geschieht, leben sie jetzt auf dem Areal der Kirche in der
Altstadt. Wo genau, das sagen weder Steinhäuser noch seine Mitarbeiter,
die Familie soll sicher vor Entdeckung sein. Reicht der Schutz der
Kirche aus? "Das hoffen wir. Es kommt darauf an, die Schwelle
hochzulegen. Das Ausländeramt hat einen Ermessensspielraum, den soll es
nutzen", sagt Steinhäuser. Und dann postuliert er seinen Grundsatz: "Die
Kirche muss da sein, wenn der Mensch in Not ist."
Steinhäuser ist aber auch von dieser Welt und deswegen wünscht er sich
Verbündete. "Es wäre gut, wenn OB Erwin sich für die Familie einsetzen
würde. Er könnte dann zeigen, dass er mit Augenmaß vorgeht." Gegenüber
der WZ hatte der OB bereits vergangene Woche erklärt, dass er sich zu
diesem Thema nicht äußern wolle, da ihm die Hände gebunden seien. Die
letzte Chance für die Familie ist die Härtefallkommission des Landtages.
Semra Idic weiß nicht viel von Politik, ist aber derzeit schon
glücklich, dass sich die Kirche für sie, ihre Schwestern, ihr fünf Jahre
altes Brüderchen und ihre Mutter einsetzt. "Es gibt mir ein Gefühl der
Sicherheit, wenn ich weiß, dass uns die Kirche hilft", sagt sie. Dass
die Familie nun in einer fremden Wohnung lebt, das stört die
Gymnasiastin nicht: "Die letzten fünf Monate waren wir im Asylheim in
Wersten, da war es schlimm", erzählt sie. Neben ihr steht ihre Schwester
Merina. Sie ist hier geboren und sagt in akzentfreiem Deutsch: "Ich
finde es komisch, dass ich weg soll."
Heute morgen um 9 Uhr muss die Familie bei der Ausländerbehörde
vorsprechen. Damit ihr nichts geschieht, begleiten sie Freunde zur Behörde.
11.04.06
Von Robert Maus