13.10.06 // PE zur Demonstration in Blankenburg
Pressemitteilung vom 13.10.06
Auch heute sind die streikenden Flüchtlinge und viele Unterstützer mit einer Demonstration durch die Innenstadt Oldenburgs gezogen. Es waren mehr DemonstrationsteilnehmerInnen als letzten Freitag, ca. 300 Menschen solidarisierten sich mit dem Protest der Flüchtlinge oder waren selber streikende Flüchtlinge. Es wurden mehrere Reden gehalten, die nochmal die Verhältnisse im Lager Blankenburg zum Thema machten. Viele Flüchtlinge berichteten über die Missstände in der Gesundheits- und Essensversorgung, sowie die diskriminierende Behandlung im Lager. Auch Flüchtlinge aus dem Abschiebelager Bramsche sprachen auf der Demonstration. In den Reden wurde auch der heutige Artikel der Nordwestzeitung thematisiert, der ein großes Foto vom angeblich guten Essen in der Lagerkantine und den Speiseplan dieser Woche abgedruckt hatte. Die Flüchtlinge sagten, sie hätten ein solches Essen noch nie in der Lagerkantine gesehen. Sie sagten, vielleicht glaube der Autor des Artikels, man könne das Zeitungsbild essen. Die NWZ beteiligt sich dabei offensichtlich an der Kampagne gegen den Streik und verläßt jedes Gebot einer objektiven Berichterstattung. Sie präsentiert das jetzt aufgetischte Festessen der Lagerleitung als Normalität. Dieser Boulevard-Journalismus überzeugt aber niemanden, sondern schürt lediglich rassistische Ressentiments von überzogenen Forderungen der Flüchtlinge.
Der Streik der Flüchtlinge ist gegen das Sachleistungsprinzip des Asylbewerberleisungsgesetz gerichtet. Die Forderung ist sich selbstbestimmt mit eigenen Lebensmitteln nach eigenen kulturellen Bedürfnissen zu versorgen. Die NWZ will aber offensichtlich die Zusammenhänge gar nicht sehen, sondern den Streik als unberechtigt und unbegründet erscheinen lassen.
Gestern zog eine kleine Demonstration von 40-50 Leuten durch die Innenstadt und warb bei verschiedenen Institutionen für die Unterstützung des Streiks. Ziel war es außerdem, verschiedene Parteien (SPD und Bündnis90/Die Grünen), Institutionen (Rathaus), Vereine Kirchengemeinden zu besuchen und mit den Forderungen der Streikenden ‚bekannt’ zu machen.
Die Lagerbehörden reagieren zunehmend mit Repression gegen die streikenden Flüchtlinge. Konkret heißt das, dass seit Beginn des Streiks insbesondere Flüchtlinge aus afrikanischen Ländern verstärkt zu Botschaftsvorführungen vorgeladen werden; sie sollen dort mit den für die Abschiebung erforderlichen Ersatzreisepapieren ausgestattet werden. Hinzu kommt (neben einer Vielzahl ‚am Rande’ ausgestoßener Androhungen seitens des Lagerpersonals und der Polizei), dass gestern zwei am Streik beteiligte Flüchtlinge nach Bramsche und Blankenburg zwangsumverteilt wurden. Der eine von ihnen war zuvor während einer Demo auf dem Lagergelände von der Polizei brutal festgenommen und zusammengeschlagen worden.
Es werden Fotos auf den Protestaktionen gemacht, um die AktivistInnen zu ermitteln und diese gezielt mit Repression, Umverteilung in ein anderes Lager und Abschiebung zu bedrohen.
Wir verurteilen die Maßnahmen der Lagerleitung, die dem berechtigten politischen Widerstand mit Einschüchterung und Repression entgegentritt.
Hintergrund zum Stichwort Botschaftsvorführungen: Die EU-Regierungen setzen vor allem afrikanische Länder immer stärker unter Druck (durch eine Mischung aus Zuckerbrot und Peitsche z.B. durch Gewährung von Entwicklungshilfe oder nicht), Passersatzpapiere zum Zwecke der Abschiebung auszustellen. Bislang haben das viele Botschaften nur sehr schleppend getan, oft einfach deshalb, weil die betroffenen Länder dringend auf die finanziellen Rücküberweisungen ‚ihrer’ Flüchtlinge und MigrantInnen angewiesen sind. Mit anderen Worten: Der Flüchtlingsstreik in Blankenburg führt mitten in all die Fragen, die bereits seit Monaten intensiv in der Öffentlichkeit verhandelt werden: Vor den Kanarischen Inseln und im Mittelmeer sterben täglich Bootsflüchtlinge; dem wiederum versuchen die Regierungen in Europa unter anderem durch verstärkte Abschiebungsbemühungen Einhalt zu gebieten. Da bietet es sich natürlich an, die entsprechenden Maßnahmen auch gegen die anzuwenden, die in Europa für ihre Rechte kämpfen.
Die Flüchtlinge müssen auch während des Streiks essen. Es ergeht deshalb der Aufruf an die Öffentlichkeit, reichhaltig Nahrungsmittel zu spenden, abzugeben im Oldenburger Aktions- und Kommunikationszentrum Alhambra (Hermannstraße 83; 26135 Oldenburg)!!!
Antirassitisches Plenum Oldenburg
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