21.9.08 // Fachaufsicht versus Beschluss des Kreistages Göttingen

[Artikel mit Anlagen bei: http://gutscheingruppe.cpunk.de/] Nachdem die Umsetzung des Beschlusses zur Abschaffung des Wertgutscheinsystems im Landkreis Göttingen monatelang herausgezögert wurde, ist die von Landrat Schermann herbeigesehnte Anweisung der Fachaufsicht endlich eingegangen: Mit Schrieb vom 14. Februar 2008 teilte das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport mit, der "Beschluss [vom 9. Mai 2007] verstößt gegen geltendes Bundesrecht, soweit durch ihn die Verwaltung aufgefordert wird, die Leistungen nach dem AsylbLG künftig in Form von Geldleistungen statt in Form von Wertgutscheinen zu gewähren." Dem Wortlaut des §3 Absatz 2 Satz 1 AsylbLG, seiner Entstehungsgeschichte, der Gesetzessystematik und der ratio legis des Prinzips der vorrangigen Sachleistungsgewährung könne entnommen werden, dass die genannten Ersatzformen, also Wertgutscheine, andere vergleichbare unbare Abrechnungen oder Geldleistungen nicht gleichrangig seien. Damit wiederholt das Innenministerium gebetsmühlenartig eine nicht konsistente Argumentation: So stellte das Innenministerium in einem Erlass zur Gesetzesänderung des AsylbLG im Jahre 1997 selbst fest, die weitere Rangfolge (Geldleistungen nur dann, "wenn besondere Umstände der Aushändigung von Wertgutscheinen oder anderen unbaren Abrechnungen entgegenstehen") sei entfallen, um heute zu behaupten, eben jenes Rangsverhältnis sei bei der Gesetzesänderung 1997 nicht aufgegeben worden - die Änderung habe lediglich der "Straffung der Norm" gegolten. Dem entgegen stehen zahlreiche Gesetzeskommentare und Rechtsgutachten sowie die Praxis in Kommunen von zahlreichen Bundesländern, in denen generell Bargeld ausgegeben wird. Auch wenn das Innenministerium in Hannover das nicht wahrhaben will: In Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Hessen, Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Berlin und Hamburg wird die Hilfe zum Lebensunterhalt als Barleistung gewährt. Und auch in Niedersachsen wehrt sich Holzminden erfolgreicher als Göttingen gegen die Einschüchterungsversuche aus Hannover: In einer Beschlussvorlage vom 2. Juni 2008 bekräftigte der dortige Landrat, "für Gebrauchsgüter des täglichen Bedarfs weiterhin die Gewährung von Geldleistungen vorzusehen". Die Landtagsfraktion "Die Linke" unterstützt mit einer Presseerklärung vom 11. Juli ausdrücklich das Festhalten des Landkreises Holzminden an der Bargeldausgabe und spricht sich gegen die "Drangsalierung der Kommunen", die sich für die Bargeldausgabe entschieden haben, aus.