Juni 2007 // Weserkurier: Ringen um Besuchsrecht für abgeschobene Frau
Von unserem Mitarbeiter
Reimar Paul
HILDESHEIM. Das Ringen um eine zumindest vorübergehende Wiedereinreise der
vor mehr als zwei Jahren in die Türkei abgeschobenen Gazale Salame geht in
eine neue Runde. Die deutschen Unterstützer der Kurdin fordern jetzt für
Salame eine Besuchserlaubnis bei ihrem Mann und zwei gemeinsamen Kindern im
Kreis Hildesheim. "Wir wollen, dass der Landkreis und die Landesregierung
die Wiedereinreise-Sperre für Frau Salame aufheben", sagte gestern Andreas
Vasterling vom Hildesheimer Verein "Menschen für Menschen".Der Kreis solle
außerdem eine so genannte Vorab-Zustimmung erteilen, dass Salame ein
Besuchervisum erhält, erklärte Vasterling. Dann könne die deutsche Botschaft
in Ankara ein Visum ausstellen. Mehrere Initiativen hatten am vergangenen
Donnerstag mit einer mehrstündigen Mahnwache am Hildesheimer Kreishaus für
ein Besuchsrecht von Salame demonstriert. Nach Abschiebungen aus Deutschland
gilt für die Betroffenen in der Regel eine Wiedereinreise-Sperre von vier
Jahren. Vorschriften der Landesregierung böten den Ausländerbehörden aber
ausdrücklich die Möglichkeit, diese Frist eigenständig um bis zu drei Jahre
zu unterschreiten, erläutert Kai Weber vom Niedersächsischen Flüchtlingsrat.
Nach Angaben der Göttinger Rechtsanwältin Silke Schäfer kommt sogar eine
noch weitere Fristverkürzung in Betracht, "wenn schutzwürdige Belange des
Ausländers wie ein Familiennachzug für eine frühere
Wiedereinreise-Möglichkeit sprechen".Der Kreis Hildesheim knüpft eine
mögliche Befristung der Sperre jedoch an den Ausgang eines Verfahrens, mit
dem Salames Ehemann Ahmed Siala für sich ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht in
Deutschland erstreiten will. "Der Landkreis hat dem Innenministerium
mitgeteilt, dass er beabsichtigt, bei einem Erfolg von Herrn Siala eine
Verkürzung der Vier-Jahres-Befristung vorzunehmen", sagte ein
Behördensprecher. Zudem habe der Kreis das Ministerium um eine "rechtliche
Einschätzung" gebeten, ob die Frist nicht bereits jetzt auf zwei Jahre
befristet werden könne. Der Kreis hatte im Februar 2005 die damals schwangere
Frau sowie ihre jüngste Tochter abgeschoben, während Siala die beiden anderen
Töchter in den Kindergarten brachte. Salame und die Kinder leben in einem
Ghetto bei Izmir, nach Angaben von Unterstützern geht es ihnen gesundheitlich
sehr schlecht. Die Familien Salame und Siala gehören zu den Mahalmi, einer
den Kurden verwandten Volksgruppe, die in den ersten Jahrzehnten des vorigen
Jahrhunderts von der Türkei in den Libanon auswanderte. Als dort der
Bürgerkrieg ausbrach, flohen viele Mahalmi nach Deutschland. Gazale Salame
und Ahmed Siala erhielten als "staatenlose Kurden" zunächst ein
Aufenthaltsrecht. Später fand der Kreis Hildesheim heraus, dass Salames
Eltern noch in der Türkei registriert waren. Die Behörden werfen Salame vor,
bei der Einreise als Siebenjährige ihre türkische Herkunft verschleiert zu
haben. Zahlreiche Persönlichkeiten, darunter auch die hannoversche
Landesbischöfin Margot Käßmann, setzen sich für eine Rückkehr Salames nach
Deutschland ein.