12.12.06// Artikel/ Gazale Salame: Wiedereinreise verweigert
Tageszeitung junge Welt
12.12.2006 / Inland / Seite 4
Wiedereinreise verweigert
Trotz Gerichtsbeschluß: Landkreis gegen Rückkehr abgeschobener Libanesin
Reimar Paul
Rechtsanwälte wollen über Zwangsmaßnamen erreichen, daß die vor fast zwei
Jahren vom Kreis Hildesheim in die Türkei abgeschobene Gazale Salame wieder nach Deutschland einreisen kann. Sie habe beim Verwaltungsgericht Hannover ein Zwangsgeld in Höhe von bis zu 10000 Euro gegen den Kreis beantragt, sagte die Göttinger Anwältin Silke Schäfer am Montag gegenüber jW. Der Zwangsbescheid solle erlassen werden, falls sich der Kreis weiterhin einem Gerichtsentscheid über die Wiedereinreise Salames widersetze.
Das Verwaltungsgericht Hannover hatte den Landkreis per einstweiliger
Anordnung verpflichtet, Salame eine befristete Aufenthaltserlaubnis zu
erteilen (siehe jW vom 6.12.). Diese solle so lange gelten, wie das
Gerichtsverfahren über ein Aufenthaltsrecht für ihren Ehemann Ahmed Siala
läuft. Gegen den Gerichtsbeschluß legte der Kreis Hildesheim in der
vergangenen Woche Beschwerde ein. Dies ändere aber nichts daran, daß er
vollstreckbar bleibe, erklärte Schäfer.
In seinem Beschluß machte das Verwaltungsgericht klar, daß eine weitere
Trennung der Familie Salame/Siala nicht hinzunehmen sei. Das niedersächsische
Innenministerium und der Kreis Hildesheim sind gegen eine Wiedereinreise
Salames und ihrer Kinder. Die Behörden argumentieren, Siala könne mit den
beiden noch in Deutschland lebenden Kindern ausreisen und so die Familie
selbst zusammenführen. In einer schriftlichen Stellungnahme erklärte sich der
Landkreis bereit, Siala »bei der Beschaffung der notwendigen Ausreisepapiere
zu unterstützen«.
Salame und Siala, Angehörige der arabisch sprechenden Mahalmi, kamen 1985 und
1988 aus dem damals vom Bürgerkrieg erschütterten Libanon in die
Bundesrepublik. Die Familie erhielt 1990 ein vorläufiges Bleiberecht. Zehn
Jahre später befanden die Behörden, Gazale Salame sei türkische
Staatsangehörige, obwohl sie nachweislich im Libanon aufgewachsen ist. Der
Kreis hatte deshalb im Februar 2005 die damals Schwangere zusammen mit ihrer
jüngsten Tochter abgeschoben. Die ebenfalls verfügte Abschiebung Sialas war
vom Verwaltungsgericht Hannover später für unrechtmäßig erklärt worden.