25.10.06 // junge welt / Solidarität mit Protesten im Zentralen Aufnahmelager Blankenburg wächst.
Tageszeitung junge Welt
25.10.2006 / Inland / Seite 5
Flüchtlinge in Niedersachsen kämpfen weiter
Solidarität mit Protesten im Zentralen Aufnahmelager Blankenburg wächst.
Behörden setzen auf Repression
Andreas Grünwald
Der Streik der Flüchtlinge im Zentralen Aufnahmelager der
Ausländerbehörde in Blankenburg (ZAAB) bei Oldenburg geht nun schon in
dritte Woche. Am heutigen Mittwoch setzt sich der Ausstand, der sich am
schlechten Lageressen entzündet hatte, sogar mit einer Demonstration
quer durch Hannover fort. Zur Protestaktion, die heute um 13 Uhr vor dem
Hauptbahnhof beginnt und zu der auch Flüchtlinge aus Bramsche und
Braunschweig erwartet werden, haben auch der Flüchtlingsrat und
verschiedene Solidaritätsgruppen aus ganz Niedersachsen aufgerufen. Die
Streikforderungen nach einer Umwandlung von Sach- in Geldleistungen und
der Unterbringung der Flüchtlinge in eigenen Wohnungen direkt gegen die
CDU/FDP-Landesregierung. Doch diese setzt auf Repression. Schon seit
Tagen ist das Lager in Blankenburg durch Polizeieinheiten regelrecht
besetzt. Angeblich sollen so Flüchtlinge vor den Flüchtlingen
»geschützt« werden, denn Lagerleiter Christian Lüttgau hatte zuvor
behauptet, daß die Streikführer im Lager selbst ein »Klima der Angst«
erzeugen würden und der Streik zudem von »Chaoten« ferngesteuert sei.
Vermeintliche Rädelsführer wurden deshalb in der vergangenen Woche schon
in andere, weit entfernte Lager zwangsverlegt.
Das aber sei völlig unangemessen, betonten Vertreter von Flüchtlings-
und Solidaritätsgruppen erst am Freitag letzter Woche, als die
Flüchtlinge zum »Tag der offenen Tür« eingeladen hatten, damit sich die
Oldenburger ein eigenes Bild vom Lagerleben machen können. Doch Lüttgau
hatte die Lagertür einfach absperren lassen, weshalb der »Tag der
offenen Tür« vor der Tür direkt am Metallzaun stattfinden mußte. Ronald
Sperling vom »Antirassistischen Plenum in Oldenburg« betonte dort, daß
die Streikenden »in keiner Weise gegen geltendes Recht« verstoßen haben,
weshalb er und der Flüchtlingsrat ein Ende der Repressionen und eine
politische Lösung des Konflikts forderten. Die grundgesetzlich
geschützte Meinungs- und Vereinigungsfreiheit gelte auch für
Flüchtlinge, hieß es.
Währenddessen wächst die Solidaritätsbewegung mit den mutigen
Flüchtlingen. Für diesen Freitag hat sich beispielsweise die
Dancehall-Reggae-Band »Yalla Yalla Movement« zum Soli-Konzert
angemeldet, und auch der Bundestagsabgeordnete und Landeschef der
Linkspartei, Diether Dehm, forderte zur Solidarität mit den Flüchtlingen
auf, deren Forderungen »vollauf berechtigt« wären.
* Weitere Infos: www.nolager.de