"IHR MÜSST UNS ALS MENSCHEN BETRACHTEN NICHT ALS GRENZEN!" Ein Bericht aus Athen, Patras - November 2007

"Keine Flüchtlinge sollen nach Griechenland einreisen, aber es sollen auch keine ausreisen", so ließt sich zur Zeit die griechische Asylpolitik. In der Praxis heißt das, dass viele Flüchtlinge beim Versuch die Grenzen zu überqueren ihr Leben lassen. Sie ertrinken zwischen dem türkischen Festland und den griechischen Inseln nicht nur weil viele nicht schwimmen können, sondern auch weil die griechische Küstenwache mit ihren gefährlichen Seemanövern die Boote der Asylsuchenden aus den griechsichen Gewässern in die türkischen abdrängt, ihnen die Paddel wegnimmt und sie auf hoher See bedroht. In anderen Fällen setzt die Küstenwache die Flüchtlinge auf unbewohnten Inseln aus und überläßt sie dort ihrem Schicksal. Wer es trotzdem schafft griechischen Boden zu betreten wird in der Regel festgenommen, Herkunft und Personalien werden aufgenommen und Fingerabdrücke in Eurodac registriert nur um dann ohne jeglichen Hinweis von Seiten der Behörden auf das Recht auf Asyl in ein Abschiebelager gebracht zu werden. Dort müssen die Flüchtlinge unter miserablen Lebensbedingungen bis zu 3 Monate ausharren. Das einzige Dokument was sie erhalten ist ein administrativer Abschiebebescheid, der sie darüber informiert, das sie innerhalb eines Monats selbständig das Land verlassen haben müssen. Aufgrund des Mangels an Übersetzern und Informationen von den Beamten vor Ort, erfahren jedoch die meisten Neuankömmlinge nichts über ihre Rechte. Sie wissen nicht was auf dem Papier steht, das man sie unterschreiben läßt. Im besten Fall erklärt man ihnen was der Abschiebebescheid bedeutet, nämlich "freiwillige" Ausreise. Anstatt "willkommen" hört man in Griechenland als erstes "Malakas" (Arschloch). Demzufolge ist "Malakas" auch das erste Wort, das Flüchtlinge in Griechenland lernen und es ist symbolisch für das Gefühl des Nichtwillkommenseins. Nach ihrer Freilassung zieht es viele Flüchtlinge von den Grenzen ins Zentrum, nach Athen. Dort befinden sich ihre communities, Hilfseinrichtungen und von dort finden viele von ihnen ihren Weg weiter nach Patras. Das Ziel ihrer Flucht ist ein Europa, das ihnen ein sicheres und freies Leben gewähren kann. In Griechenland betreten sie zuerst europäischen Boden, aber hier sind die Asylraten die letzten Jahre geringer als in jedem anderen europäischen Land. Sie liegen nicht selten unter 1%. Hier erfahren sie, das ihre Chancen auf Asyl nahezu nichtexistent sind. Aufgrund der Dublin Konvention und des Schengenabkommens, ist Griechenland aber ihr Erstaufnahmeland und daher sind sie verpflichtet hier Asylantrag zu stellen. Ereichen die Flüchtlinge ein anderes europäisches Land werden sie sobald ihre Fingerabdrücke ihre vorherige Einreise nach Griechenland aufdecken, wieder hierher abgeschoben. In Kenntnis dieser Tatsachen erscheint die gefährliche Weiterreise mit geringen Erfolgschancen ihnen dennoch als das geringere Übel, als die bessere Wahl im Vergleich zu der griechischen Realität für Flüchtlinge. Ereichen sie jedoch Patras werden sie daran gehindert auszureisen. Sie werden festgenommen, verletzt, mißhandelt und wegen illegaler Ausreise oft mehrere Monate lang inhaftiert nur um dann wieder zu versuchen auszureisen. Es handelt sich nicht mehr um Migrationspolitik sondern Krieg an den europäischen Grenzen und der hat viele Opfer. Nicht wenige unter ihnen sind minderjährige unbegleitete Flüchtlinge. Die militärische Konfrontation findet in den Gewässern der Ägäis statt. Wir müssen für das Recht auf Asyl kämpfen und für das Recht auf Bewegunsfreiheit! Jeder und jede sollte sich selbst frei entscheiden können in welchem Land er oder sie Asyl beantragen will! DIE AKTUELLE SITUATION IN PATRAS Seit mehr als 10 Jahren existiert in Patras nur 15 Minuten Fußmarsch vom Hafen entfernt eine informelle Barackensiedlung von Flüchtlingen. Zunächst in kurdischer Hand leben dort ohne Wasser- und Stromanschluß und ohne jeglichen Sanitäranlagen seit einigen Jahren ausschließlich Afghanen auf einem Privatgrundstück. Aktuell ist die Zahl der Flüchtlinge auf 700-1 000 gestiegen. In der Mehrheit ist die Siedlung ein Transitort für die Durchreise nach Italien. Aber es leben auch einige Flüchtlinge dort, die entweder Asylantrag gestellt haben oder andere die aufgrund der Dublinkonvention aus einem anderen Schengen-Mitgliedsstaat wieder nach Griechenland als Erstaufnahmeland abgeschoben wurden und jetzt entweder papierlos oder mit rosa Karte (Duldung mit Arbeitserlaubnis) in Griechenland leben. Täglich begeben sich die Flüchtlinge auf einen neuen Ausreiseversuch mit einer kleinen Tüte oder Tasche ihrer gesamten Habe zum Hafen. Sie warten am Zaun auf den richtigen Augenblick, klettern hinüber, rennen zu den LKWs und verstecken sich in Containern und zwischen den Reifen. Oftmals versuchen sie es täglich bis zu 30 Mal und nicht selten lassen sie ihr Leben auf dem Weg in ein besseres Europa. Auf dem Friedhof in Patras sind 11 Afghanen begraben. Der letzte Tote konnte nicht mehr begraben werden, weil die Friedhofsverwaltung sich weigerte weiteren Flüchtlingen einen Platz zu gewähren. Die Flüchtlinge sahen sich gezwungen untereinander Geld zu sammeln um ihn in Afghanistan begraben zu lassen. Die 12 Toten und die vielen weiteren von denen wir nie erfahren werden sind Opfer unserer Grenzen, unserer Politik! Sie sterben bei dem Versuch sich an das Stromnetz anzuschließen, unter den Rädern der LKWs und in Folge brutaler Polizeimaßnahmen. Beim Versuch die Grenze zu überqueren werden viele Flüchtlinge im Hafen von Patras festgenommen oder nach ihrer Ankunft in Italien zurück abgeschoben und dann in Griechenland festgenommen. Die Anklage lautet "illegale Ausreise". Bei der Gerichtsverhandlung wird oftmals ein Übersetzer hinzugezogen, der aus Pakistan stammt, Urdu spricht und den daher kein Afghane verstehen kann. Die Strafe lautet bis zu mehrere Monate Haft plus Busgeld in Höhe von etwa 2 000 Euro. Das Gefängnis von Nafplio ist voller Flüchtlinge. Rechtsanwälten wird der Zugang zu den Festgenommenen verwehrt. Das ist das Ergebnis einer unfairen Verhandlung, eines unmenschlichen Systems! Stellt einer der Flüchtlinge Asylantrag so begegnet er anderen Schwierigkeiten. Asylanträge werden theoretisch von der Ausländerpolizei bearbeitet, jedoch sind die Behörden unterbesetzt und ungewillt zu helfen, was zu langen Wartezeiten oder gar völlig unsorgsamer Bearbeitung der Anträge führt. In den letzten 8 Monate haben 550-600 Personen Asyl beantragt. Davon haben 120 die rosa karte bekommen (Duldung mit Arbeitserlaubnis). Den Übrigen wurde sogar die rosa Karte abgelehnt und sie wurden aufgefordert innerhalb eines Monats das Land zu verlassen. In den letzten Wochen haben offizielle Stimmen gegen die Flüchtlingssiedlung wieder Konjunktur. "Die Rechte der Flüchtlinge hören dort auf, wo die der Lokalbevölkerung anfangen!" verkündete der Bürgermeister von Patras erst kürzlich. Auf politischer Ebene wird lokal darüber debattiert, wohin "das Problem" verlagert werden könnte, ob man die Afghane verdrängt, ob man ihnen einen alternativen Ort anbietet und wie man verhindern kann, dass noch mehr kommen. Die Lösung erscheint den Politikern naheliegend: Mitlitarisierung des Hafens als abschreckende Abwehrmaßnahme. Auch der Vereinigung der Händler fordert das die Afghanen gehen müssen. Auch die Medien hetzen gegen die afghanischen Flüchtlinge und verbeiten ein Negativbild der Bevölkerung als Krankheitskeim der Gesellschaft das nicht zuletzt dazu beiträgt, das einige ihre Arbeit verlieren, das man sie nicht in in Supermärkte und Restaurants läßt, das sie keine Wohnungen mieten können und viel schlimmer, das es zur stillen Akzeptanz rassistischer Gewaltakte von Seiten der Polizei und der Hafenpolizei kommt. 106 Menschen die ein rosa Karte haben (Duldung mit Arbeitserlaubnis) wohnen weiter im Lager weil sie aufgrund des Rassismus keine Wohnung mieten können. "Im Fernsehen haben sie gesagt, wir hätten AIDS. Jetzt haben alle Angst vor uns!" erzählt uns ein junger Mann. Ein anderer: "Wir versuchen täglich mehrmals die Grenze versteckt auf LKWs zu überqueren. Wir klettern über Zäune und verstecken uns unter Autos. Wir können also nicht im Anzug rumlaufen und sauber sein. Wir sind dreckig und riechen weil wir versuchen auszureisen, nicht weil wir gerne dreckig sind!" Die Negativstimmung gegenüber den Flüchtlingen verschlimmert die psychologische Belastung der Flüchtlinge unter denen sich auch 10 Jährige befinden. Zu den Traumas der Kriegerfahrung und Flucht summieren sich neue Ängste. Das führt dazu, das einige sich sogar fürchten die Siedlung zu verlassen. Terrormaßnahmen von Seiten der Polizei fördern die Verschlimmerung der Situation. So kappt die Polizei regelmäßig die Kabel der naheliegenden Telefonzelen, dem einzigen Medium der Kommunikation für die Flüchtlinge um mit ihren Familien Kontakt zu halten. Die Schuld liegt am Ende immer beim Flüchtling. "Es waren die Afghanen!" heißt es dann mal wieder. Die einzige organisierte Unterstützung in Patras erfahren die Flüchtlingen von der Kirche (Essen) und vom griechischen Roten Kreuz in Patras, welches als einzige NGO ein Programm für Minderjährige trägt. Die Mitarbeiter (ein Sozialarbeiter, Ärzte, ein Übersetzer und ein Rechtsanwalt) besuchen regelmäßig das Lager, bieten gesundheitliche Notversorgung, begleiten Flüchtlinge ins Krankenhaus und ins Gericht. Das Programm wird seit Oktober 2006 vom Ministerium für Gesundheit gefördert, kann aber nur eine kleine Zahl an Flüchtlingen stützen.. "Unsere Probleme haben sich langsam gestapelt. Sie sind zu einer Mauer geworden die uns von euch trennt!" (H., afghanischer Flüchtling) FORDERUNGEN DER AFGHANISCHEN FLÜCHTLINGE IN PATRAS Nach einem ersten Treffen des Netzwerkes zur Unterstützung von Flüchtlingen und Migranten mit den Flüchtlingen in Patras haben sie uns bei einem folgenden Plenum in Anwesenheit anderer lokaler Unterstützergruppen eine Liste mit ihren Forderungen übergeben: 1.Zugang zu Informationen über unsere Rechte als Flüchtlinge in Griechenland und Europa 2.Hilfe zur Stellung von Asylanträgen 3.Psychologische Hilfe für die Traumatisierten 4.Kontakt zu Gesellschaft und speziell zu Solidaritätsgruppen mit dem Zweck eine Anlaufstelle und Ansprechpartner zu finden und Probleme sofort lösen zu können 5.Verbesserter Zugang zu Krankenhäusern ("Zur Zeit warten wir oftmals mehrere Tage um versorgt zu werden und erhalten auch dann kaum medizinische Versorgung!") 6.Mehr Übersetzer (Nur wenige von uns können Griechisch. Das sind diejenigen, die Arbeit haben. Sie müssen sich bei ihrem Chef freinehmen um die anderen zu begleiten und zu übersetzen und verlieren oft dadurch ihre Arbeitsstellen) 7.Informationen über die rechtliche Situation von Flüchtlingen in anderen europäischen Ländern 8.Unterstützung gegen die Hetzstimmung in der Stadt, zu ihrer Abarbeitung und dem Wecken von mehr Verständnis für ihre Lage in der Bevölkerung 9.Verbesserung ihres Bildes in den Massenmedien von Patras auf realistische und aufklärende Weise 10.Die Situation in Afghanistan bekannter machen damit es nachvollziehbarer wird warum sie fliehen und Asyl suchen 11.Verbesserung der Infrastruktur in der Siedlung (Strom- und Wasserversorgun, Sanitäranlagen etc.) "Wir wollen nicht viel vom griechischen Staat und auch nicht von der Bevölkerung. Wir wollen nur unsere Menschenrechte!" DER FALL MUSTAFA HABIBI (14 Jahre alt, minderjähriger unbegleiteter Flüchtling aus Afghanistan) Am Donnerstag den 8 November fahren wir zu dritt (Giorgos Maniatis und Salinia Stroux vom Netzwerk für die Sozialen Rechte von Flüchtlinge und MigranntInnen in Athen, und Marily Stroux von Kein Mensch ist Illegal in Hamburg) nach Patras um mit den afghanischen Flüchtlingen zu reden und gemeinsam zu überlegen, was Solidaritätsgruppen mit ihnen zusammen machen könnten um ihre Situation zu verbessern. Wir hatten schon für Montag den 12. November mehrere Solidaritätsgruppen in Patras kontaktiert für ein gemeinsames erstes Treffen vorzubereiten. Wir besuchten zuerst das Rote Kreuz, den einzigen Träger, der ein kleines Programm für minderjährige Flüchtlinge realisiert. Während des Treffens beim Rotem Kreuz erfuhren wir das am selben Morgen um 8 Uhr ein 14 jähriger Afghane im Hafen durch Messerstichen verletzt gefunden wurde und ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Nur vier Stunden später rief die Hafenpolizei an, um mitzuteilen, dass sie ihn als Zeugen verhören werden und den Übersetzer brauchen. Der Übersetzter vom Rotem Kreuz fuhr hin. Das war schon ein großer Erfolg, weil normalerweise in Patras die Hafenpolizei für die afghanische Flüchtlinge einen pakistanischen Übersetzer hat, der nur Urdu spricht und kein Wort Dari oder Paschtu. Es gibt Hunderte von Schreckensgeschichten, weil er "übersetzt", was er will ohne das Wissen der Betroffenen und es gibt mehre Fälle, wo Flüchtlinge im Gefängnis mit monatelangen Strafen enden, nur weil er mit ihnen nicht kommunizieren kann oder sogar falsche Aussagen macht. Wie ein Afghaner uns sagte: "Ich hatte Angst zu sagen, dass ich ihn nicht verstehe." Wir Drei fuhren eine halbe Stunde später ins Krankenhaus, um Mustafa zu besuchen. Als wir dahin kamen, befand sich in einem Krankensaal, wo noch vier andere Kranke mit Familie und ein Mann vom Krankenhauspersonal waren. Ein Hafenpolizist und war dabei Mustafa, der frisch genäht worden war und noch unter Narkose und in sehr schlechten Zustand war, zu befragen. Wir haben uns beschwert und gefragt mit welcher Erlaubnis er einen frisch verletzten und frisch operierten verhört. Der Beamter wollte uns rauswerfen und behauptete, er hätte die Erlaubnis der Ärzte. Wir sind auf die Suche nach dem zuständigem Arzt gegangen. Er war nicht da, aber andere Kollegen waren sehr überrascht, dass da ein Verhör stattfindet ohne ihr Wissen. Wir haben sie aufmerksam gemacht, dass dies ihre ärztliche Pflicht verletzten, wenn sie den Zugang zu dem Kranken nicht schützen. Sie beschlossen, den juristisch Zuständigem vom Krankenhaus zu holen, um sich zu beraten. Während Essen und über eine Stunde vergangen war, verhörte der Beamte immer noch den 14-jährigen. Zwischendurch telefonierte er mit seiner Behörde und berichtete, dass wir ihn stören würden, dass Mustafa wahrscheinlich am zaun gefallen wäre und sich selber verletzt hätte, und drohte uns mit Festnahme, wenn wir ihm bei seinem Verhör nochmals stören würden. Nachdem er fertig war, kamen die Ärzte und der Jurist vom Krankenhaus und haben ohne uns mit dem Beamten geredet. Währenddessen konnten wir Mustafa sprechen und die Papiere des Krankenhauses angucken, wo drauf stand, das er Verletzungen durch ein spitzen Gegenstand davongetragen hat, und ihn ein bisschen vom Verhör beruhigen. Die Ärzte waren nach dem Gespräch mit dem Polizeibeamten plötzlich nicht mehr sicher, dass die Verletzungen durch ein Messer entstanden sind. Wir haben den ärztlichen Attest fotografiert, aus Angst ,dass er verschwinden könne, was ein paar Tage später auch tatsächlich geschah. Da die Ärzte sagten, dass Mustafa noch dieselbe Nacht oder spätestens am nächsten Morgen entlassen wird, und da wir wussten, dass er im Lager lebte, haben wir für Mustafa und seinen Freund, der ihn besuchte, ein Hotelzimmer für drei Nächte gebucht und bezahlt. Weil es klar war, dass auch, wenn sie Geld genug hätten, sie nirgendwo selber ein Zimmer kriegen würden. Ich muss dazu sagen, dass es so eine große Hetze in der Stadt Patras gegen die Afghanen gibt, dass sie überall raus geworfen werden, nicht einkaufen können, keine Wohnungen gemietet kriegen und die absoluten Außenseiter sind. Als wir in Athen zurückwaren, kriegten wir die Nachricht vom Krankenhaus, dass sie ihn übers Wochenende behalten würden. Dies erfreute uns sehr, weil die Gefahr, dass er auch noch festgenommen wird wegen illegaler Ausreise, da war. und im Krankenhaus war er etwas geschützter. So haben wir das Hotelzimmer abbestellt. Am Sonntagmorgen kriegten wir einen Anruf von Mustafa, das er Samstagnacht vom Krankenhaus entlassen wurde. Gegen die Absprachen und ohne Entlassungspapiere. Er wollte nicht zum Lager, das Hotelzimmer war abbestellt, so hatte er die Nacht auf der Straße verbracht mit seinen frisch operierten Wunden. Währenddessen hatte der Rechtsanwalt vom Rotem Kreuz den Freund von Mustafa - auch ein minderjähriger unbegleiteter Flüchtling, der Zeuge des Vorfalls war - als Zeuge angemeldet und Anzeige erstattet. Am Freitag war der Rechtsanwalt mit dem Zeugen zur Aussage gegangen. Die Polizei versuchte, ihm die Worte im Mund umzudrehen und ihn zu verwirren. Sie zeigten im Fotos von Lkw-Fahrern in Militäruniform, um ihm zu verunsichern über seine Aussage, dass der Täter ein Hafenpolizist in Uniform war. Mustafa und sein Freund konnten den Täter ganz genau beschreiben. Er hatte Mustafa, der in einem Lkw-Rad versteckt war, einmal mit einem Messer gestochen. Als Mustafa schrie, stach er noch dreimal zu und traf ihn mit dem Messer im Rücken und schrie Beschimpfungen dabei. Danach haben Mustafa und sein Freund den Mann von Angesicht zu Angesicht gesehen und können ihn genau beschreiben. Das Rote Kreuz organisierte ein Hotelzimmer für Mustafa am Sonntag. Am Montag nach dem zweiten Besuch und anschließendem Plenum im Lager haben wir Mustafa im Hotel besucht. Wir haben seine Kleidung, die die Messerspuren trägt, fotografiert und seine genähten Wunden. Obwohl der Rechtsanwalt gefordert hatte, dass eine medizinische Begutachtung gemacht werden sollte, um herauszufinden, was für ein Gegenstand die Verletzungen verursucht hat, war nichts passiert und das Arztpapier, wo es am ersten Tag drauf geschrieben stand, war verschwunden. Zum Glück hatten wir das Foto. Während die Gegenüberstellung um den Täter zu erkennen Tage später, sagte der minderjährige Zeuge nochmals aus und kriegte solche Angst, dass er dann nachts aus Patras weggegangen ist. Bei der Gegenüberstellung von Mustafa kamen nur zwei Hafenpolizisten und Mustafa wurden die Worte im Mund umgedreht und ihm wurde gedroht. In Athen hat sich jetzt der Ombudsmann für die Rechte der Kinder den Dall übernommen und Mustafa wird hoffentlich die nächsten Tage nach Athen kommen, um da Asylantrag zu stellen. Dieser Vorfall ist zufällig in die Öffentlichkeit gekommen, weil wir anwesend waren und uns den ganzen Tag Zeit genommen haben, um das genau zu beobachten . Solche Vorfälle gibt es jeden zweiten Tag in Patras und es gibt keine zuständige Stelle um den Minderjährigen beiseite zu stehen und die Vorfälle zu verfolgen und zu reagieren. So befinden sich die jungen Flüchtlinge in den Händen der Polizeibehörden, die ohne jede Angst vor Bestrafung ihre brutalen Spiele durchziehen können. Es ist dringend nötig, dass Organisationen sich um die Situation und die Einhaltung der Menschenrechte dieser unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge verantwortlich fühlen und handeln.

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