3. Mai 2007 - Cap Anamur - Kein Krieg gegen Flüchtlinge! Veranstaltung mit Elias Bierdel
Im Juli 2004 rückte die europäische Politik der Abschottung und des Todes gegenüber Flüchtlingen an Europas Außengrenzen unübersehbar in den Blick der Öffentlichkeit. Das Schiff "Cap Anamur" der gleichnamigen deutschen Hilfsorganisation forderte mit 37 schiffbrüchigen Flüchlingen an Bord die Einreise in die EU. Mit Militärschiffen, Hubschraubern und Flugzeugen wurde das Schiff am Einlaufen in die italienischen Hoheitsgewässer gehindert, für eine lange Zeit der Ungewissheit wurde das Schiff zum „Lager auf dem Meer“. Trotz aller Verbote ist das Schiff am 11. Juli in den italienischen Hafen Empedocle eingelaufen – die Flüchtlinge kamen zunächst in ein Abschiebelager und wurden ohne individuelle Prüfung quasi "exemplarisch" nach Nordafrika abgeschoben. Der Kapitän des Schiffes und Teile der Besatzung wurden von italienischen Behörden verhaftet. Seit Anfang des Jahres steht Elias Bierdel, der damalige Vorsitzende der Organisation zusammen mit dem Kapitän der Cap Anamur in Italien vor Gericht. Ihm wird Unterstützung der illegalen Einreise vorgeworfen.
Veranstaltung mit Elias Bierdel
Donnerstag, 3. Mai 2007
Beginn um 19.30 Uhr
Im Holbornschen Haus, Rote Str. 34, Göttingen
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Dokumentiert: Ein Text von Elias Bierdel
Quelle: http://www.elias-bierdel.de/vorwort.php
Kein Krieg gegen Flüchtlinge!
Die Abschottung der Wohlstandsfestung Europa hat seit 1992 bereits tausende Menschen das Leben gekostet – und täglich werden es mehr. Nur wenige Opfer werden an den Stränden Spaniens oder Italiens angespült (und anonym verscharrt) – die meisten verschwinden zwischen den Wellen, ungezählt und ohne Namen.
Die zunehmend verzweifelten Versuche von Flüchtlingen, der Perspektivlosigkeit und dem Elend ihrer Herkunftsregionen zu entkommen, wird von den Mitgliedsländern der EU mit einer Politik der Militarisierung der Außengrenzen beantwortet: Satellitengestützte Aufklärung, Radarstellungen, Flugzeuge und ganze Flotten von Kriegsschiffen, Küstenwacht-Kreuzern, sowie diversen Zoll- und Polizeieinheiten ist mit dem Auftrag in Gang gesetzt, der sogenannten "illegalen" Migration entgegenzutreten.
Seit August 2006 sind erstmals auch gesamteuropäische Verbände der neuen EU-Grenzschutzbehörde "FRONTEX" im Einsatz. Der genaue Einsatzbefehl für diese bewaffneten Einheiten wird geheim gehalten. Aber ihr politischer Auftrag ist klar: "FRONTEX" soll potentielle Einwanderer schon vor dem Erreichen der nationalen Hoheitsgewässer (oder: -gebiete) abfangen und "zur Umkehr bewegen".
Wer nur einmal ein überfülltes Flüchtlingsboot gesehen hat, dem ist klar, welche Dramatik hinter dieser scheinbar harmlosen Formulierung steckt: Menschen, die nach hunderten (manchmal tausenden) Kilometern und vielen Tagen (manchmal Wochen) auf See, am Ende ihrer physischen und psychischen Möglichkeiten, das Ziel ihrer gefährlichen Reise fast erreicht haben – sie sollen zur Umkehr "bewegt" werden?
Zwar wird bisher betont, daß die Bootsflüchtlinge keineswegs mit (Waffen-)Gewalt zur Aufgabe gezwungen werden sollen. Vielmehr versuche man, die Migranten "durch Überredung" (laut FAZ) zu überzeugen, die Rückfahrt in ihre Herkunftsländer anzutreten. Doch der Verdacht liegt nahe, daß es bei der Begegnung zwischen hochgerüsteten EU-Grenzschutzeinheiten und den jämmerlichen Flüchtlingsbooten auf hoher See (außerhalb der Wahrnehmung der europäischen Öffentlichkeit) durchaus nicht immer friedlich zugeht.
Vielmehr deutet alles daraufhin, daß vor den Toren der Festung Europa in unserem Namen ein nicht-erklärter, geheimer Krieg begonnen hat: Der Krieg gegen Flüchtlinge.
Elias Bierdel, August 2006