Gazale Salame - OVG Lüneburg verneint das Recht zur Wiedereinreise
OVG Lüneburg hebt Beschluss zur Wiedereinreise von Gazale Salame durch das VG
Hannover wieder auf!
Wir sind bestürzt und zutiefst besorgt über die Auswirkungen für Gazale!
Pressemitteilung der Bleiberechtinitiative Hildesheim:
„Lüneburg. Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hat das das Recht auf Rückkehr
der vor zwei Jahren abgeschobenen Gazale Salame und zwei ihrer Kinder
verneint. In ihrem Urteil erkennt das Gericht kein Recht auf
Familienzusammenführung, da ihr Mann und zwei weitere Kinder keinen
gesicherten Aufenthaltsstatus haben. Außerdem sieht das
Oberverwaltungsgericht keine tatsächlichen oder rechtlichen Hindernisse, die
eine Herstellung der Familiengemeinschaft in der Türkei oder im Libanon
entgegensteht. Auch eine von der Klägerin vorgebrachte psychische Erkrankung
wegen der Trennung von ihren Kindern erkannte das Gericht nicht als Grund an,
ein Einreiserecht anzuerkennen, da den in Deutschland lebenden Angehörigen
der Gazale Salame zugemutet werden kann, die familiäre Gemeinschaft im
Ausland wieder herzustellen. Der Fall ist damit rechtskräftig abgeschlossen.
Die Entscheidung über das Aufenthaltsrecht des Kindsvaters Ahmed Siala will
das Oberverwaltungsgericht in Kürze treffen.“
So lautet die Meldung, die Radio Tonkuhle (Hildesheimer Lokal Radio) am
heutigen Tag hierzu verbreitete.
Unsere Hoffnung, dass das Elend von Gazale Salame und ihrer gesamten Familie
nun bald ein Ende haben könnte, haben sich hiermit zerschlagen. Zumal
festgestellt werden muss, dass in Kürze lediglich über die Zulassung der
Berufung des Landkreis gegen das für Gazales Ehemann Ahmed Siala positive
Urteil des VG Hannover vom 21.06.2006 entschieden wird.
Wann dann die Verhandlung erfolgt, ist eine andere Sache.
Der gesamte Entscheidungsprozess (Zulassung der Berufung durch den Kreis
gegen das Urteil vom 21.06.06 und die Verhandlung der Berufung) kann sich
bis zu einem Jahr hinziehen, vielleicht noch länger.
Gazale hat diese Zeit nicht, ihre Lage verschlechtert sich von Tag zu Tag,
wir befürchten das ihre Kraft sehr bald am Ende ist. Dies bedeutet nichts
anderes, als das sie sterben wird ( Psychologische Gutachten sehen unter
anderem die Gefahr eines Suizids).
Es ist notwendig die politisch Verantwortlichen daran zu
erinnern, dass Paragraphen, welche ja schon im Urteil vom 21.06.2006 und in
dem vom VG Hannover gefassten Beschluss für Gazale und Ahmed sprachen, nicht
die alleinige Quintessenz einer demokratischen Gesellschaft sind. Denn in
dieser furchtbaren Angelegenheit gewinnt man den Eindruck, die Menschen leben
für Paragraphen, es verhält sich aber anders, Paragraphen existieren um
Menschen ein menschliches Leben zu garantieren.
Ahmed Siala hält die Grundwerte unserer Gesellschaft immer hoch, auch Gazale
gilt bei den Menschen, die sie kennen, als gut integriert, eine junge Mutter,
die sich engagiert um ihre Kinder kümmert und keine Berührungsängste
gegenüber Einheimischen hat, sie fühlte sich selbst als Einheimische. Ahmed
war dabei sich eine Existenz als selbstständiger Unternehmer aufzubauen, als
man ihm den Aufenthaltstitel nahm. Nunmehr, wenigstens wieder mit einer
Arbeitserlaubnis ausgestattet, geht er einer Arbeit nach, während er
gleichzeitig für das Recht seiner Familie streitet, als freie Menschen in
einem freien Land zu leben.
Diese Familie hat es nicht verdient, derart gequält zu werden.
Hintergrund:
Der Kreis Hildesheim hatte im Februar 2005 die schwangere Gazale und
ihr 1-jähriges Kind in die Türkei abgeschoben, während ihr Mann Ahmed die
beiden Töchter zur Schule brachte. Gazale ist mit 6 Jahren aus dem Libanon
mit ihren Eltern vor dem Bürgerkrieg geflohen. Sie kannte weder die türkische
Sprache, noch das Land und lebt jetzt alleinstehend in einem Elendsviertel in
Izmir.
Den Grund der Abschiebung bilden Vorwürfe der Kreisausländerbehörde gegen
Ahmed, er habe bei seiner Einreise falsche Angaben gemacht. Durch die
Aufnahme des Verfahrens verlor Gazale den Aufenthaltsschutz (durch die Ehe)
und wurde abgeschoben.
Am 21.06.06 kam das Verwaltungsgericht Hannover (VG) jedoch zu dem Urteil, das
alle vom Landkreis erhobenen Vorwürfe gegen Ahmed jeder Grundlage entbehren.
Landrätin Baule wollte dieses Urteil nach Prüfung anerkennen, ohne Revision
einzulegen und Schritte einleiten, die zur Rückkehr von Gazale und ihren
beiden Kindern, die mit ihr in Izmir unter widrigsten Bedingungen leben,
einleiten. Innerhalb kurzer Zeit kassierte das Innenministerium diese
Entscheidung und zwang den Landkreis zur Revision.
Daraufhin klagte Ahmed & Gazales Rechtsanwältin per Eilantrag auf
Wiedereinreise von Gazale bis zur endgültigen Entscheidung der Klage ihres
Mannes vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg:
Das Bundesverfassungsgericht hatte bereits in ähnlichen Fällen entschieden,
dass durch die lange Prozesszeit eine dem Artikel 6 GG (Schutz der Familie)
zuwiderlaufende unverhältnismäßig lange Trennung der betroffenen Familie
nicht hinzunehmen sei. Das VG hat deshalb vor kurzem in diesem Sinne
geurteilt. Aber auch an dieser Stelle reagierte das Ministerium mit der
Weisung an den Landkreis, Beschwerde gegen den Beschluss einzulegen.