Artikel// Von Warschau bis Nouakchott:: Transnationaler Aktionstag gegen das Migrationsregime

Von Warschau bis Nouakchott Transnationaler Aktionstag gegen das Migrationsregime Am 7. Oktober 2006 findet der dritte Aktionstag gegen das europäische Migrationsregime statt. Er richtet sich gegen die Aberkennung von Rechten, gegen die Kriminalisierung von MigrantInnen und gegen alle Einwanderungskontrollen und wird klare Forderungen im Kontext von Bewegungsfreiheit und Bleiberecht stellen. Er ist zudem Resultat einer zunehmenden Vernetzung von europäischen und afrikanischen Initiativen. Seit Sommer letzten Jahres hat die Militarisierung der europäischen Migrationspolitik einen neuen ausdrucksvollen Namen: Frontex. "Europäische Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen" lautet die wohlklingendere deutsche Übersetzung der in Warschau befindlichen Behörde. Seit August 2006 koordiniert sie erstmals eine EU-Eingreiftruppe vor den Küsten Westafrikas. Zwar verzögert und nicht im zunächst geplanten Umfang, sind nun erstmals EU-Patrouillen per Schiff und Flugzeug im Einsatz, um die spanische Marine bei der Abwehr afrikanischer Bootsflüchtlinge zu unterstützen. Doch offensichtlich noch ohne großen Erfolg: Täglich landen neue Boote auf den Kanarischen Inseln an, die z.T. über 1.200km entfernt von Mauretanien oder Senegal aus gestartet sind. In den letzten Monaten sind dabei Hunderte von Menschen ums Leben gekommen. Sie riskieren diese neue, im Vergleich zur Straße von Gibraltar noch gefährlichere Route, weil Marokko oder gar die spanischen Exklaven Ceuta und Melilla nach den migrationspolitischen Verschärfungen im letzten Herbst kaum mehr erreichbar sind. (vgl. ak 499) Und die Frontex-Operation soll jetzt wiederum dazu beitragen, die verlagerten Fluchtwege zu zerschlagen: Der Krieg gegen die Flüchtlinge geht damit in die nächste Runde. 7. Oktober 2006: Während osteuropäische AktivistInnen in Warschau vor besagter Frontex-Behörde protestieren, findet im mauretanischen Nouakchott eine Pressekonferenz gegen die Illegalisierung der Migration statt. Zeitgleich werden in voraussichtlich über 50 Städten, von Athen bis London, von Hamburg bis Malaga, Menschen auf größeren und kleineren Demonstrationen gegen das europäische Migrationsregime auf die Straße gehen. Vor dem Hintergrund der "Externalisierung", der zunehmenden Auslagerung der Grenz- und Lagerpolitik nach Süden, scheint eine europäisch-afrikanische Zusammenarbeit von unten verstärkt in Gang zu kommen. Proteste sollen im Oktober nicht nur in Mauretanien, sondern auch in Marokko, Tunesien und Benin stattfinden. Auf dem letzten Europäischen Sozialforum in Athen im Mai beschlossen, steckte schon in der Terminierung des mittlerweile dritten transnationalen Aktionstages auf den 7. Oktober eine klare inhaltliche Ausrichtung: Damit wird nämlich Bezug genommen auf den Jahrestag der eskalierten Ereignisse beim Sturm auf die Grenzzäune von Ceuta und Melilla im letzten Jahr. Nach einer internationalen Konferenz von antirassistischen, Flüchtlings- und MigrantInnen-Gruppen Ende Juni in Rabat wurde der Aufruf zum 7. Oktober auch von afrikanischen Initiativen aufgegriffen. Fast die Hälfte der UnterzeichnerInnen kommt mittlerweile aus afrikanischen Ländern, eine überraschende und sicherlich die bedeutendste Entwicklung in der migrationspolitischen Vernetzung der letzten Jahre. Sie ermöglicht erstmals - wie beschrieben -, einen Protestbogen von Warschau bis Nouakchott aufzuspannen. In Deutschland wird die Beteiligung für den Aktionstag am 7. Oktober in mittlerweile acht Städten geplant. Neben einer hoffentlich größeren norddeutschen Demonstration in Hamburg sind weitere dezentrale Aktionen in Berlin, Köln, Jena, Frankfurt, Südbaden, Nürnberg und Augsburg in Vorbereitung. Neben dem Bezug auf die genannten Externalisierungsprozesse (und der Verantwortung und treibenden Rolle der deutschen Regierungen darin) sollen die Oktoberproteste in Almanya vor allem zur Verstärkung der Forderung nach einer "großzügigen Bleiberechtsregelung" genutzt werden. Denn einen guten Monat später, am 16. November, treffen sich die Innenminister in Nürnberg zur diesbezüglich entscheidenden Bundesinnenministerkonferenz. Noch ist offen, ob und wie weit sich die CDU-HardlinerInnen mit ihren restriktiven Vorschlägen durchsetzen werden, bis dahin muss also unbedingt weiter Druck erzeugt werden. Die Demonstrationen am 7. Oktober sind dafür eine passende Gelegenheit, zumal im internationalen Aufruf die Frage der "bedingungslosen Legalisierung" eine der Hauptforderungen darstellt. Schließlich verbindet sich mit dem 7. Oktober und insbesondere durch die Kooperation mit Initiativen in Afrika noch eine weitere, mittelfristige Perspektive. Denn im Rahmen der Anti-G8-Mobilisierungen nach Heiligendamm im Juni 2007 sind ja auch eine migrationspolitische Großaktion sowie eine entsprechende Themensäule auf dem Gegengipfel in der Diskussion. Beides soll und muss einen thematischen Schwerpunkt auf die Externalisierung setzen, eben als fortgeschrittensten und brutalsten Ausdruck des europäischen Migrationsregimes. Dazu bedarf es nicht zuletzt entwickelter Kontakte, damit einerseits so authentisch und so klar wie möglich die Verantwortlichen für diesen sozialen Krieg und die unzähligen Opfer im Mittelmeer und an den Küsten Westafrikas kritisiert und angegriffen werden. Zudem kann gerade an Beispielen in und aus Afrika deutlich gemacht werden, wie neokoloniale Verwüstungen und Migrationsbewegungen zusammenhängen, wie Ausbeutungstrukturen und Migrationskontrolle in einem globalen Apartheidregime ineinander greifen. h., kein mensch ist illegal/Hanau Weiter Informationen unter www.noborder.org, www.imk2006.de

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