Open the hotels - NOW

Solidarität - dieses Wort ist seit Beginn der Corona-Krise in aller Munde. Wir sollen alle zusammenhalten, zuhause bleiben und die Krise gemeinsam durchstehen. Es wird zu social distancing aufgerufen und hashtags wie #staythefuckhome, #allinthistogether und #wirbleibenzuhause verbreiten sich. Gleichzeitig leben Menschen auf den Straßen Göttingens, vor unseren Haustüren, und in überfüllten Geflüchtetencamps.

Doch statt ihnen Solidarität entgegen zu bringen, werden die Wohnungslosen, wohnungslosen Sexarbeiter*innen, Geflüchteten an der europäischen Außengrenze und in Göttinger Lagern systematisch ignoriert. Der Staat, der Milliarden zur Rettung von Konzernen ausschüttet und immer Geld für Panzer und Bomben übrig hat, schafft es nicht, eine menschenwürdige Unterbringung für alle zu gewährleisten. Die Forderung nach Wohnraum für alle ist keine neue. Aber gerade jetzt, wo der grausame, aber bekannte Alltag dahin ist und wo alles auf die Krise ausgerichtet wird, werden die, die selbst unter "normalen" Bedingungen am meisten unter dem rassistischen und kapitalistischen System leiden, vollkommen vergessen. Es zeigt sich mal wieder, dass die Maxime von der Gleichheit allen menschlichen Lebens an Ländergrenzen und Kapitalinteressen ein brutales Ende findet.

Die "Solidarität" des Staates hört auf, sobald Menschen nicht der kapitalistischen Verwertungslogik untergeordnet werden können oder keinen deutschen Pass haben. Geflüchtete, die zusammengepfercht in Mehrbettzimmern oder Zelten in Lagern leben müssen, haben nicht die Möglichkeit sich zu distanzieren. Ein Coronafall im Camp und schon sind teilweise über 100 Menschen gleichzeitig in Quarantäne.

Auch die medizinische Versorgung ist, insbesondere an der europäischen Außengrenze, mangelhaft oder gar nicht vorhanden. Zugang zu Informationen, Desinfektionsmittel und Schutzmasken ist oft nur sehr eingeschränkt möglich. Teilweise gibt es noch nicht einmal fließendes Wasser. Die ohnehin schon schwierige und von Ausgrenzung geprägte Situation der wohnungslosen Menschen wird durch die Corona-Maßnahmen verschärft.

Die Notunterkünfte stehen nur eingeschränkt zur Verfügung. Viele nehmen wegen des Infektionsschutzes deutlich weniger Menschen auf. Auch andere Orte zum Aufwärmen und Verweilen sind von den Maßnahmen betroffen. Beratungsstellen und medizinische Angebote werden eingeschränkt oder ganz eingestellt. Es ist für viele schwierig bis unmöglich, ihre Tagessätze vom Jobcenter zu erhalten. Auch der Verkauf von Straßenzeitungen oder das Sammeln von Pfandflaschen gestaltet sich sehr schwierig. Die Quarantäne von wohnungslosen Menschen wird nicht ermöglicht. Doch all das muss so nicht sein; es folgt keinem Naturgesetz. Denn die Forderung nach menschenwürdiger Unterbringung scheitert nicht an den Möglichkeiten, sondern am Willen der Politik. Allein in Göttingen gibt es derzeit über 1600 freie Zimmer in den 20 größten Hotels und einer Jugendherberge. Airbnbs und andere Leerstände sind da noch nicht einmal eingerechnet. Derzeit ist es nur möglich aus nicht-touristischen Gründen einzuchecken.

Auf Nachfrage wurde bestätigt, dass in den Hotels großer Leerstand herrscht. Mit der gleichen Situation konfrontiert, formierte sich in Hamburg eine Initiative um die Forderung 'Open the hotels'. Selbst als es ihnen gelang durch Spenden ein paar Hotelzimmer anbieten zu können, stellte sich die Politik quer. Ein Dach über dem Kopf würde nicht genügen, um Wohnungslosen zu helfen, ließ die Hamburger Sozialbehörde zynisch verlauten. Selbstverständlich kann alleine die Öffnung der Hotels nicht reichen, doch gerade in der akuten, lebensbedrohlichen Situation ist es unerlässlich, wohnungslosen Menschen und Geflüchteten wenigstens eine menschenwürdige Unterbringung zu ermöglichen. Nicht zu handeln setzt Menschenleben aufs Spiel!

Gleichzeitig schmückt sich die Göttinger Sozialdezernentin Petra Broistedt mit einer neuen Unterkunft für mit Corona infizierte Wohnungslose und Geflüchtete in der Breslauer Straße - für maximal 20 Personen. Wie lächerlich! Zum einen ist es menschenverachtend darauf zu warten bis sich die Menschen infizieren, um sich dann erst um sie kümmern, zum anderen sind 20 Plätze längst nicht genug!

Geflüchtete werden dabei im Grunde nur von einem Lager ins nächste verfrachtet. Es ist längst überfällig, dass die Lager - hier in Göttingen, überall in Deutschland und an der EU-Außengrenze - evakuiert werden. Es ist längst überfällig, dass die Stadt leere Hotels öffnet und damit Wohnungslosen und Geflüchteten Schutz bietet. Es ist längst überfällig, dass keine Menschen mehr im Stich gelassen werden. Es ist längst überfällig, dass Solidarität wieder etwas bedeutet.

Darum nicht länger warten, sondern handeln: Open the hotels now! In Göttingen und überall!

-Open the hotels Göttingen-

R&A

BG(A)

Basisdemokratische Linke

AK Asyl

f.antifa

FFF Göttingen

Café Kollektiv Kabale

Freie Arbeiter*innen-Union Göttingen

Our House OM10

Strategie_A

Feministische Frauengruppe Göttingen